Der ADAC auf mentalen Abwegen

Im ADAC Magazin, einem Blatt mit einem Verbreitungsgrad das sonst nur von Koran und Bibel erreicht wird läuft derzeit eine bildzeitungswürdige Kampagne: Weil die Spritkosten so hoch sind soll die Regierung jetzt die Mineralölsteuer senken, damit die Verbraucher nicht so derb leiden müssen. Reichlich Betroffene mit Foto im Heftinnern. Die "Mineralölsteuer" ist im Energiesteuergesetz beschrieben und hat eine feste Komponente, zu der auch die Ökosteuer zählt und eine variable, die durch die Umsatzsteuer entsteht. Die feste Komponente für Benzin z.B.:

Benzin (Schwefelgehalt kleinergleich 10 mg/dm³): 65,45 €cent/Liter ↔ 7,3 €cent/kWh

Wenn jetzt Russen oder Saudis die Förderquote drosseln um mehr Kohle in die Staatskassen zu spülen oder an den Börsen nach wie vor (unkontrolliert, wir erleben es ja derzeit) massiv spekuliert wird soll das jetzt nach dem Willen des ADAC vom Staate aufgefangen werden - der ja dann indirekt - durch die Senkung der Steuer - die Kasse andersweitig ausgleichen muss. Das ist einfach nur kurzsichtig gedacht, Brot und Spiele auf 80 Heftseiten.
Des weiteren lesen wir da, daß z.B. das Flugbenzin, auch Kerosin genannt, nach wie vor mit.. wir ahnen es bereits - 0 ct besteuert wird - der ökologische Sinn desselben entgeht mir im Moment.
Ich finde es traurig, daß der ADAC nicht den Mumm in den Heftseiten hat seinen Mitglieder klar zu machen, daß eine Lösung aus der Krise nur durch einen Minderverbrauch an fossiler Energie und eine Rückkehr zu kürzeren Pendlerstrecken und einem Ausbau des öffentlichen Verkehrs möglich wird.
Hier wird offensichtlich, daß der ADAC inzwischen weniger das Interesse seiner Mitglieder als die eigenen Geschäftsinteressen mit einer breiten Produktpalette für Versicherung und KFZ Finanzierung im Sinn hat.

Kleinholz im Kaukasus

Ich hab lange genug ausgehalten, jetzt muß ich doch ein paar Zeilen zum Chaos im Kaukausus loswerden. Nach einem Wochenende intensiver Fernsehbilder, einem knapp einwöchigen Krieg und dem jetzt von russischer Seite verkündete Waffenstillstand besteht vielleicht die Chance, daß mein Getippe nicht in den nächsten paar Stunden schon wieder obsolet ist.
Der Ablauf in Kürze:

  • 2004: Der georgische Staatschef Saakashvili kommt an die Macht mit dem Versprechen, unlängst verloren gegangene Gebiete wieder zurückzugewinnen. Im weiteren Verlauf wird heftig in militärische Hardware investiert.
  • Nach einem gemeinsamen Manöver mit den Amerikanern holt der Georgier tief Luft und schickt in einem Moment kompletter geistiger Umnachtung seine Mannen ins umstrittene Südossetien. Der Beschuß der Hauptstadt dieses Landeszipfels mit MLRS ist zwar medienwirksam, aber ineffektiv. Der Verbindungstunnel zu Nordossetien bleibt unbehelligt.
  • In diesem Moment ist sicherlich ein Lachen durch das russischen Hauptquartier gegangen, eine bessere Gelegenheit hätte sich kaum entwickeln können.
  • Ganz wie es Guderian einst formulierte ("nicht kleckern, sondern klotzen!") werfen die Russen nun die geballten Kräfte auf die Georgier, ein in den Tagen der assymmetrischen "Jihad" Kriegsführung selten gewordenes Schauspiel. Dabei wurden die georgischen Truppen vermutlich total aufgerieben.
  • Die Schwäche ihrer Gegner ausnutzend kommen nun die Abkhazier (wie schreibt man die noch?) in Fahrt und versuchen ebenfalls ihre territorialen Verluste wieder herzustellen.

Soweit, wenig erfreulich für Menschen, Häuser und Material. Es bleiben für mich wichtige Fragen unbeantwortet:
- Warum planieren die Russen Georgien nicht vollständig und ersetzen die von ihnen ungeliebte Regierung?
- Welche Absprachen haben zwischen den USA und Georgien stattgefunden, auf welche Zusagen haben sich die Georgier verlassen?
- Warum war der Westen derart ahnungslos? Welche politischen Ziele verfolgt die EU außer weich-eirig einen Waffenstillstand zu fordern?

War Nerd

Hier haben wir wieder einmal das Beispiel eines buchgewordenen Blogs (click war nerd) von Gary Brecher. Inzwischen ist das anscheinend mächtig in Mode gekommen, aber wirtschaftlich macht es Sinn: Der Autor hat kaum Arbeit, redigiert vielleicht ein paar Artikel und anhand der Besucherzahlen des Blogs kann er sicherlich grob die Verkaufszahlen vorhersagen. Also fast zwingend. Ich kann allerdings glaubhaft versichern, daß das Buch zu puls200 frühestens 2050 rauskommt :). Worum geht es hier? Das Buch ist eine Sammlung von Kolumnen, die Kriege, nein, die kommen ja nicht mehr so richtig vor.. also richtiger gewalttätige Auseinandersetzungen und Krisenherde in äußerst zynischer Weise kommentieren. Das Ganze ist in Kontinente bzw. Subkontinente gruppiert, wobei "Americas" eher mager, dafür "Africa" und "Middle East" reichlich beinhaltet sind.
Dieser Kerl ist politisch unkorrekt, ganz ganz böse, streckenweise lustig, überaus zynisch und vor allem sehr belesen und gut informiert. Fazit: Das Buch ist jedem uneingeschränkt zu empfehlen, der mal hinter die Kulissen der medialen Berichterstattung schauen will (aktuelles Beispiel: "Mr. Mugabe" oder das Demokratieverständnis Afrikas). Man muß mit ihm nicht einer Meinung sein, aber die grauen Zellen werden definitiv in Bewegung gesetzt.
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Gesundheit komatös

Nachdem ich ihr [diesen Artikel] geschickt hatte bekam ich diese Antwort:

Hmmm, ja, im Prinzip nicht ganz falsch - aber wir haben immer noch ein Solidarsystem im Gesundheitswesen, und wenn du die Spaßsäufer ausschließt, musst du eigentlich auch alle anderen ausschließen, die sich aus Spaß in Gefahr begeben, also sämtliche Sportler zum Beispiel.
Musiker müssen schließlich auch private Versicherungen abschließen gegen das sogenannte Berufsrisiko ...

Richtig wäre eigentlich, dass nur noch Routine- und Vorsorgeleistungen (dann aber wirklich konsequent von den U's der Kinder bis hin zu Hautarzt und Gynäkologe) und Arbeits- oder Haushaltsunfälle und alles für Kids unter 18 vom öffentlichen Gesundheitswesen bezahlt wird. Für alles andere müsste es Kategorien privater Versicherungen geben. DAS wäre gerecht. Dann müsstest du dich als Freizeitschwimmer registrieren, ich mich als Orchesterlaie und als (vermutlich ziemlich teurer) Kampfsportler. :-) Nur Freeclimber, Taucher und Fallschirmspringer beziehungsweise Motorradfahrer sind dann teurer.
Und auch für Autounfälle könnte man theoretisch eine stufbare Wegeversicherung anbieten. DAS würde vielleicht auch dazu führen, dass eine Geschwindigkeitsbegrenzung akzeptiert wird?

Leider kann sich der Bürger über solche Vorschläge überhaupt keine Meinung bilden. Wie werden die eingenommenen Beiträge verteilt? Oder ganz primitiv: Ich gehe zum Arzt, lege mein Kärtli hin und er führt eine Untersuchung durch und gelangt zu einer Diagnose. Vielleicht bekomme ich noch was verschrieben. Jetzt wäre eine Umfrage am Ausgang nett: Schätzen Sie die durch Ihren Besuch verursachten Kosten. Wer näher als 200€ dran ist bekommt einen Luftballon. Wieviel Luftballons braucht man an einem durchschnittlichen Morgen mit 25 Patienten?

Das Problem an jedem Solidarsystem besteht darin, daß es viele Geber als latent ungerecht empfinden, die Nehmer jedoch den Ball flachhalten oder es als selbstverständlich ansehen, alle Leistungen in Anspruch nehmen zu können, auch wenn sie nie etwas eingezahlt haben. Hier könnte man doch mal hergehen und einfach Zahlen auf den Tisch legen. Wenn man noch einen gemittelten Sockelbetrag für Verwaltung, Gebäude usw. dazu rechnet könnte am Jahresende jeder von seiner Krankenversicherung ein Blatt erhalten, auf dem alles genau aufgeführt ist: Erhaltene Leistung gegen verursachte Kosten. Danach kann man Beitragsdiskussion, Ärztestreiks und Krankenhausschließungen zumindest inhaltlich besser verstehen. Aber solange das Gesundheitssystem nur eine große "black box" ist wittert jeder (mehr oder weniger zu Unrecht) Gemauschel, Gesundstoßer und Abzockerei. Machen Sie den Test! Lassen Sie sich von einem Bekannten den Geldfluß im Gesundheitswesen beschreiben! Wer kommt über die erste Zeile hinweg? Wenn vom Gehalt jeden Monat hunderte Euros dahin abfließen, man selbst jedoch 3 Monate auf einen Facharzttermin warten muß, kommen einem schon langsam Zweifel. Nein, nicht langsam, es geht eigentlich ganz flott. Mit den Zweifeln.

Frauenbeauftragte

Mit den geplanten Internet-Übertragungen müssen die Abgeordneten rechnen, dass sie künftig noch genauer unter Beobachtung stehen. So wäre auch ein FDP-Abgeordneter nicht nur einem Zeitungsreporter auf der Tribüne aufgefallen, der in der Ende März zu Ende gehenden Legislaturperiode einmal während einer Plenarsitzung im Männermagazin "Playboy" blätterte und damit die hessische Frauenbeauftragte gegen sich aufbrachte. Da half ihm auch die Entschuldigung nichts, die Zeitschrift sei für einen anderen, erkrankten Fraktionskollegen bestimmt gewesen. (dpa)

(Heise Online)

Mensch wenn er gesagt hätte "weil's mir so gähn-langweilig ist" hätte ich fast mal wieder FDP gewählt.
[Edit]: Wenn wir schonmal bei der FDP sind: Auch diese Partei tut sich mit viralem Marketing hervor. Schließlich sind bald Wahlen.
Virales Marketing? Was war das nochmal? Hier nachschlagen.

Global gedacht?

[Edit: Schon vor ein paar Tagen verfasst... aber anstatt "Publish" "Save" gedrückt ;-) Naja, wenn das kein Zeichen ist]

Wie sagte unser Geschäftsführer heute so schön.. "global denken, lokal handeln". Wie wahr. Also, Investment in sturmsichere Sonnenkollektoren. Quark. Die Hessenwahl vergangenen Sonntag war ein schönes Beispiel dafür was passiert, wenn man es genau andersherum macht. Ein lokales Ereignis dient als Vehikel für globalen Aktionismus. Das ist deshalb wahlkämpferisch effektiv, weil sich jeder RTL Explosiv-Gucker in das lokale Ereignis hineindenken kann. Besonders schaurig-schön ist nun auch festzustellen, wie die Berichterstattung über gewälttätige Jugendliche blitzartig gestoppt wurde. Ich glaube kaum, daß die Typen jetzt aufhören Rentner zu treten, nur weil die CDU 11 Prozent verloren hat. Ich meine, hey, wenn das das wichtigste Politikum ist, das den ganzen Wahlkampf beherrscht, braucht man sich nicht zu wundern, daß überhaupt noch 64% ihr Kreuzchen gesetzt haben. Gibt's denn keine anderen Probleme? Der globale Aktionismus hingegen wird denn - so er überhaupt umgesetzt wird - im Sande verlaufen. Das vorherrschende Problem, wie man mit schwach begabten und obendrein schlecht ausgebildeten Volksteilen umgeht ist nicht erschüttert worden. Jo, Jugendknast, Härte zeigen, abschieben, was soll das alles. Aktionismus. Symptombehandlung.
Das Problem, leider nur lokal denken zu können und dennoch die Befähigung zu haben, globale Entscheidungen zu treffen betrifft offensichtlich einen nicht unerheblichen Anteil der politischen Kaste. Parteizugehörigkeit spielt dabei keine Rolle. Das ist der berühmte Unterschied zwischen Taktik und Strategie: Im kleinen und im Großen.
Ich möchte mal Strategien hören. Wie sollen Ansätze für den langfristigen Erfolg zur Lösung von Problemen wie Jugendkriminalität und Integration aussehen? Was wollen wir eigentlich, wie soll die Gesellschaft aussehen? Das müssen keine mehrheitsfähigen Kuschelentscheidungen sein, aber dieses Gebrabbel, das nur vom Kern der Probleme ablenkt geht inzwischen nicht nur mir mächtig auf die Nerven.
Aber es gibt noch Hoffnung.

Das Ende der Birne

Minister Gabriel zum Thema "Glühbirne" als politischer Trittbrettfahrer (hatte ich das nicht ein paar Tage vorher woanders gelesen? Welches Land will nochmal gleich die Glühbirnen abschaffen?) Was im Grunde richtig ist, ist aber genauso Lobbyarbeit wie das Editorial des ADAC Vizepräsidenten in der meistgelesenen Zeitschrift Deutschlands. Richtig, das ADAC-"Blättle". Da fordert er, daß die KfZ Besteuerung "umweltgerecht" nach CO2 Ausstoß berechnet werden soll. Das ist zwar auch nicht verkehrt, aber was soll das Ganze, wenn der CO2-reduzierte Neuwagen trotzdem 15l Super zieht? Das hilft höchstens als Daseinsberechtigung für die Bürokratie, neue Vergabeschlüssel für die KfZ zu vergeben und sich im allgemeinen wichtig zu machen. Es ginge doch so viel einfacher: Die KfZ-Steuer, so sie denn sein muß einfach über die Tankstellen einziehen! Die bei der Verbrennung entstehende Gasmenge ist direkt proportional zum Kraftstoffverbrauch. Ganz simpel, das muß man dem Wähler nicht mal extra erklären.
Allem Gemecker hier zum Trotz bin ich froh, daß das Thema Energie endlich die Medienpräsenz hat, die es schon lange verdient hat. Auch wenn meine Elterngeneration die Aufregung nicht nachvollziehen kann und sich gleich bevormundet fühlt, nur weil irgendjemand fordert, man solle nicht mehr nach Bangkok sondern umweltschonend in den Bayrischen Wald fliegen. Der Erholung wegen. Inzwischen müßten wir uns doch an die politischen Aktivisten gewöhnt haben um zu erkennen, daß hier nur jemand ganz schnell oderhochwassertypisch Punkte ziehen will.